Juli 2023

Das Meer

… umarmt mich
nimmt mich auf
spült Schwere aus meinem Körper
durchdringt mich mit samtsalziger
Geborgenheit
ich treibe mit wellensinnlichem
Schwebeherzklopfen
kann leise die Meeresmuttersprache
verstehen und einen Moment nur
fließend Flüssigmensch sein
es bleiben …

Auszug aus dem Gedicht „Das Meer“
vollständige Version im Lyrikband „Verdichtungen in moosgrün und herzblutrot“

Juni 2023

Ein leeres Zimmer

Verfilzte Erwartungen kratzig
mit unlösbar verknoteter Uneinigkeit
gebettet auf fleckiger Matratze
in Mulden hineingepresst die Unliebe
und fusselig all die Streitereien
das Lachen ist lange schon nur anderswo

Rundungen hat sie vollbracht in geblocktem Flausch
Fenster in die Kubatur der erschöpften Frau
das abgetragene Blumenkleid
hängt an der Mauer seiner Gefühlskälte
sie trägt heute die Lippen rot wie ihre Augenlider
aus der weit geöffneten Tür

Mai 2023

Langeweile


Eine lange Weile einfach
nichts als atmen
Gedanken abtun
bis auch sie langsam langweilig werden
sich selbst lassen
belassen
langsam in die Langeweile hineingleiten
eintauchen
der eigenen Stille lauschen
sich ohne Tun aushalten
und nur langweilig bleiben
mit sich
und warten wie lange es so bleiben kann

April 2023

Gedichte-Potpourri aus dem neuen Lyrikband
„Verdichtungen in moosgrün und herzblutrot“

Mit dem ganzen Vergnügen
aus dem Herznabel
steigt wohlig ein Lächeln auf
berauscht vom Himmelsblau
alles besprenkeln mit Träumen
der Erde beim Atmen zuschauen
sich dem Moosgrün anvertrauen
bunte Fantasien bilden Tautropfen
Gedanken gereift sprechen in satten Tönen
ein Panorama nimmt Konturen an
und mein Körper ist dem Herzen ein
tanzender Palast

Der neue Lyrikband ist erhältlich bei edition libica, im Buchhandel oder bei der Autorin:
ISBN 978-3-903137-37-0

März 2023

Frühjahrsputz

Weit aufgestoßen die Tore der Brust
fortgeblasen verstaubte Gedanken
weggeschrubbt Blutkrusten
entschlossen alle Winkel mit Licht durchflutet
laut singend letzte Krümel Schwermut hinausgefegt
herumgewirbelt im Sog des Frühlings
lächelnd mir ein volles Beet Freude gepflanzt
am offenen Fenster bereit
umarme ich windstill mein Herz
Triebe räkeln sich zartgrün zu sonnengelb
darunter spüre ich knospend rot Sehnsucht    
ein Strauß Träume bunt ziert meinen blanken Tisch
von draußen herein strömt süßer Duft

Februar 2023

Haikus in Erwartung des Frühlings

zaghaft zusammen
zart Zwischentöne zirpen
Zärtlichkeit zupfen

irgendwo wartet
ein Dichter seine Reime
mir vorzutragen

ich lausche in mir
dem Meeresrauschen blaugrün
wirkt die Sehnsucht tief

Jänner 2023

zu Jahresbeginn vier Haikus

das Herz im Wappen
tragen und den Bogen an
der Brust bereit

ich bette mich weich
auf Himmelsmoos und rieche
an grünen Träumen

in den Tag lächeln
ist eine große Pflicht
uns ohne Wenn und Aber

meine Hände sind
auf Blättern Tänzerinnen
formen und dichten

Dezember 2022

Trotzdem

Warum nicht immer aus ganzer Überzeugung hoffen
und standhaft an das Gute glauben
und allen Widrigkeiten am Weg trotzen
und die Liebe fortwährend gegen jede Lieblosigkeit stemmen
und warum nicht überall das Schöne sehen
und Gehässigkeiten unermüdlich Kraft entziehen
und in allem einen Sinn erkennen
und Dinge immer wieder neu verstehen
und sich Scheitern erlauben und einfach weitergehen
und Pläne lustvoll ohne Wenn und Aber schmieden
und nichts als endgültig sehen
und Gelassenheit üben üben üben …

… und in sich selbst ein Paradies erschaffen
und es ganz selbstverständlich
mit anderen teilen

das Gedicht in voller Länge gibt es im Lyrikband „Verdichtungen im moosgrün und herzblutrot“, edition libica, ISBN 978-3-903137-37-0

November 2022

Danach

Die Stille ist durchtränkt
vom verstummten Gelächter
all dem Geplauder
und die Kissen am Sofa eingedrückt
von Meinungen und Geschichten
am Teller mit Kuchenresten zerkrümelt
ein paar spöttische Bemerkungen
süße Glasurreste verklebt mit kleinen Missverständnissen
am feinen Tischtuch
gewebt aus versöhnlichem Wohlwollen
fleckig Launen und Aufregungen
Gelächter schwellt nochmals an
der Vorhang weht in nächtlicher Kühle
schwungvoll dreht sich eine Brise Tanz 
und ein Hauch Gesang
ich schließe meine Augen und wiege mich
im Durcheinander der Erinnerung  
bin ein Teil von all dem was war
Blicke hängen noch in der Luft
eine Hand wiederholt große Gesten
eine andere legt sich auf meine Schulter
bleibt mit einer Gewissheit  
ein flüchtiges Gerangel streicht um meine Beine
lässt mich schmunzeln
die nächste Brise weht heran
und der Geruch von Gemeinsamkeit
durchströmt das Danach
beleuchtet vom warmen Kerzenlicht
das bald zur Nacht erlischt
im Mund ein letzter Schluck rubinroter Wein